Katalonien tischt auf im Stue
Auf catalá, ahnen wir, gibt’s das Wort gar nicht. Für uns klingt die Sprache ein wenig wie Spanisch – und wie das Französische der mittelalterlichen Langue d’Oc. Stue aber ist nur Dänisch. Das Wohnzimmer. „Das Stue“ war mal die Botschaft von Dänemark, eingeweiht erst ein paar Monate, bevor die Wehrmacht das Land besetzte. Dieses Gebäude, dem man außen 1939 noch ansieht, zeigt sich innen nobel und distinguiert, in Tönen warm sowie sehr diskret. Ein Designhotel, ein schönes Heim in der Ferne für gut betuchte Touristen. Zugegeben, wäre Katalonien schon ein eigenständiger Staat, läge es im EU-Ranking – was Einwohner und Fläche betrifft – nah an Dänemark. Nun ja, Andersen beschreibt Spanien ausführlich, wenn auch eher Andalusien. Also, warum serviert Costa Brava samt Pirineu de Girona gerade hier die Hits und Highlights der Destination?
Weil unter Garantie kein Smørrebrød auf der Tafel präsentiert wird. Weil hier ein Katalane das Zepter am Herd führt. Paco Pérez, jetzt in Berlin als Sternekoch zu bewundern.
Zwei Michelin-Sterne prangen schon von seinem Miramar in Llança an der Costa Brava. In der Provinz Girona sind es ganze siebzehn, verteilt an dreizehn Köche. Und mit Paco kam ein katalanischer Stern bis ins Stue. Mit Namen „Cinco“. Fünf – dabei gab es sechs Gänge, als Tapas benannt. Wie der Zackenbarsch mit Seegurken und Perlen vom schwarzen Pfeffer. Schick dazu Chicorée, perfekt eingelegt und somit ohne Bitterstoffe. Für seine Seafood- Küche ist Paco Pérez berühmt, und wer sich wirklich dem Genuss hingeben will, sollte das „Experience-Menu“ probieren, lediglich 25 Gänge. Nicht nur dem Gaumen wird was geboten, auch das Raumerlebnis ist erstaunlich – 86 Kupfertöpfe hängen von der Decke. Da lockt der Blick durch die Glaswand ins gastronomische Labor.
Costa Brava und die Pyrenäen von Girona stehen fĂĽr KĂĽste und Berge im Nordosten von Katalonien. Kreativ aus ĂĽberliefertem Wissen schöpfend, in der Tradition der KĂĽche mit Produkten vom Meer wie den Bergen prägte Ferran AdriĂ jene katalanische Avantgarde. Sein „El Bulli“ war bekannt als das beste Restaurant der Welt, seine El Bulli Foundation vermittelt kulinarische Kenntnisse ab 2016 weltweit ĂĽbers Internet. AvantgardekĂĽnstler wie Adriá war auch der surrealistische Maler Salvador DalĂ, dessen Meisterwerke in der Burg Gala DalĂ in PĂşbol, im Theater-Museum DalĂ in Figueres und besonders lohnend im Wohnhaus-Museum in Portlligat bei CadaquĂ©s die groĂźe Fangemeinde des Exzentrikers unbeirrt anzieht. FĂĽnf Sterne also fĂĽr Kunst und Kulinarik – und sonst?
NatĂĽrlich Wein – ein Einkaufsbummel entlang der Ruta del Vino DO Empordá bietet sich dafĂĽr an. Ăśberhaupt Natur: ein Drittel der Region ist Naturschutzgebiet, von den Medes-Inseln bis hoch hinauf in die Pyrenäen. Und Kunst gibt’s nicht nur im DalĂ-Dreieck – ein reiches vielfältiges kulturelles Erbe erstreckt sich ĂĽbers Land bis in abgelegene Winkel. CadaquĂ©s kennt fast jeder – dennoch bleibt der Fischerort im Cap de Creus zu recht ein Ziel fĂĽr Liebhaber mediterraner Architektur und Lebensart. Obwohl die Katalanen ja als kĂĽhle Spanier gelten, weiĂź man hier viel besser zu leben als bei uns. An der KĂĽste, in den Bergen, in jedem Dorf wo die Cobla zur Sardana aufspielt. Auch fĂĽr Aktivurlauber ist das Angebot umfangreich: Rennradeln, Mountainbiken, Segeln, Tauchen, Reiten, Bergsteigen – und Fallschirmspringen vom Feinsten. Golfer kommen auf ihre Kosten, so gilt das PGA Catalunya Resort als das beste Europas. Und fĂĽr Wanderer ist diese Region geradezu ein Paradies. Zu FuĂź, zu Rad, zu Ross und, weltweit einzigartig, zu Wasser. Die „Vies Bravas“ – Wasserwege fĂĽr das Schwimmen im offenen Meer oder zum Schnorcheln – verlaufen parallel zu Rundwegen an Land. Sie sind ausgeschildert und sicher von Bojen begrenzt. Gibt’s schöneres im Badeurlaub als so vom Meer aus die KĂĽste zu genieĂźen?
Weitere Informationen bei:
www.costabrava.org www.pirineugirona.org www.katalonien-tourismus.de
www.das-stue.com
Text:
Christoph Merten
Fotos:
Matthias Dikert